I am Mother
Sci-Fi / Thriller
Australien 2019 E/d 114min
Nachdem die Menschheit fast gänzlich ausgestorben ist, soll die Erde durch ein besonderes Programm neu bevölkert werden. Dafür wird eine ganze neue Generation in einem unterirdischen Bunker durch einen freundlichen Roboter namens „Mutter“ grossgezogen. „Tochter“ (Clara Rugaard) ist eine von diesen Kindern, die seit jeher abgeschirmt von der Aussenwelt nur mit „Mutter“ Kontakt haben. Doch dann erscheint eine blutbesudelte Frau (Hilary Swank) auf der Bildfläche und behauptet, das sei nur die halbe Wahrheit über das Schicksal der Menschheit und alles andere nur eine grosse Lüge. Allein schon das Erscheinen der Frau stellt das Weltbild des jungen Mädchens vollkommen infrage. Kann es vielleicht sein, dass „Tochters“ bisher einzige Vertrauensperson es gar nicht so gut mit ihr meint, wie bisher angenommen? Für sie scheint jedenfalls die Zeit gekommen, sich ihrer „Mutter“ zu stellen und so ihre wahre Bestimmung herauszufinden.
Am Tag nach der Auslöschung der Menschheit lässt ein einsamer Android (Stimme im Original: Rose Byrne) in einem von der Aussenwelt abgeschlossenen Forschungsbunker einen der zahlreichen dort aufbewahrten Embryonen zu einem menschlichen Baby heranreifen. Jahre später kümmert sich der einfach nur „Mutter“ genannte Roboter noch immer fürsorglich um die inzwischen zur Teenagerin gereifte „Tochter“ (Clara Rugaard). Das Mädchen lernt Ballett, Origami und Ethik. So will die Künstliche Intelligenz testen, ob sie inzwischen als Mutter geeignet genug ist, um auch die anderen Embryonen zu guten Menschen zu erziehen. Aber dann steht plötzlich eine verletzte Frau (Hilary Swank) vor der Tür – und bringt das Vertrauensverhältnis und Machtgefüge in der Anlage allein mit ihrer Ankunft gehörig durcheinander. Ähnlich wie Alex Garlands „Ex Machina“, der am Ende zwar hochverdient, aber dennoch völlig überraschend mit dem Oscar für die besten visuellen Effekte ausgezeichnet wurde, begeistert auch „I Am Mother“ ohne Blockbuster-Budget mit einem wirklich beeindruckenden Roboter-Design: Die Kombination aus Luke Hawkers mechanisch-präziser Motion-Capture-Performance, Rose Byrnes jederzeit ruhig-liebevoller Stimme und der gewohnt-grandiosen Animationsarbeit von Weta Digital („Der Herr der Ringe“, „Avatar“, „Planet der Affen“-Trilogie) lassen „Mutter“ im selben Moment fürsorglich und verstörend erscheinen. Eine herausfordernde Ambivalenz, die vom Skript und seinen zahlreichen Wendungen nur noch immer weiter befeuert wird. Das gilt auch für das kaum weniger zwiespältige Ende, dessen Uneindeutigkeit – zumindest einer Reihe von Nutzerkommentaren im Netz nach zu urteilen – vielen Zuschauern doch arg vor den Kopf zu stossen scheint.
„I Am Mother“ ist so sehr angefüllt mit kleineren und grösseren Twists, dass es sich der Film sogar erlauben kann, eine der zentralen Wendungen gleich in den ersten paar Minuten geradeheraus zu spoilern (wenn auch nur für diejenigen Zuschauer, die nicht ganz schlecht im Kopfrechnen sind). Das anziehende Tempo der Wendungen führt allerdings auch dazu, dass viele der ethischen und philosophischen Fragen (es hat schon seinen Grund, dass es in der einzigen Unterrichtsstunde von „Tochter“, die wir als Zuschauer miterleben, um eine Variante des klassischen Trolley-Problems geht) nur angerissen statt tatsächlich zu Ende erforscht werden. Statt der Frage „Was bedeutet das eigentlich?“ steht dann doch meist die Frage „Was geschieht als nächstes?“ im Vordergrund. Aber wie schon angedeutet: Auch das Ende ist so ambivalent, dass man nach dem Abspann sowieso fast zwangsläufig noch weiter über den Film und seine Themen nachdenkt. Fazit: Ein Geheimtipp für Fans von cleverer, spannender und dabei auch ethisch herausfordernder Sci-Fi-Kost. filmstarts.de |